Der Abend war schön. Du hast mich Dinge gefragt, die mich sonst niemand fragt. Hast Interesse gezeigt, wo sonst die Leute wegschrecken, Ausreden suchen, um gehen zu können. Aber du bist geblieben und zusammen haben wir analysiert, beobachtet, erinnert, gelacht, Grenzen überschritten. Zu keinem Zeitpunkt wollte ich aufhören, auch wenn die Themen schwierig waren. Je tiefer wir gruben, desto mehr wollte ich erzählen. Manchmal hast du geredet und das Vertrauen hat die Seite gewechselt. So entstand ein Gefühl, das ich geniessen konnte. Zuerst. Gemeinsamkeit. Verständnis. Mitgefühl. Freundschaft. Nähe. Dann hat es sich ausgebreitet. Ich konnte es förmlich schmecken. Es hat mich eingenommen, mein Fühlen verzerrt. Es war mit Händen fassbar und beflügelte mich. Aber je mehr dieser wertvollen Zeit verstrich, die in meinen Augen nicht enden durfte, desto schwerer wurde es. In meinem Kopf entstand ein Gedanke: Jedes Gefühl muss wieder enden. Auch dieses hier. Die Leichtigkeit nahm rasant ab. Sturzflug. Das Mitgefühl wurde zu Reue. Die Gemeinsamkeit zu einer Erinnerung. Das Vertrauen zu Misstrauen. Die Nähe zu einem Risiko. Immernoch redeten wir aber innerlich breitete sich bei mir die altbekannte Leere aus, die ich schon genaustens kannte von anderen Momenten wie diesem. Mit ihr kamen eine leichte Traurigkeit und das Gefühl, einen Fehler gemacht zu haben. Ist die Nähe wirklich echt? Das Gespräch neigte sich dem Ende zu, das spürte ich genau. Meine Psyche bereitete sich darauf vor, sich losreissen und den Abend der Vergangenheit übergeben zu müssen. Und genau so kam es. Und jetzt? Tage später weiss ich immer noch nicht, wie ich mich fühlen soll. So ein vergleichbar kurzer und harmloser Moment… Und doch schafft er es, mich in zwei Teile zu spalten, die sich einfach nicht vereinen lassen wollen. Also mache ich weiter mit meinem Hin und Her und erhoffe mir insgeheim mehr solche Abende, die mir immer wieder diese Nähe bringen, solange bis ich sie vielleicht glaube.