Manchmal fällt es mir schwer, meinen Zustand in Worte zu fassen. Insbesondere diesen einen Zustand, den ich immer wieder durchleben muss und für den es keinen Ausdruck zu geben scheint. Ein Zustand, der sich für Aussenstehende oft nicht ganz erklären lässt und auch für mich relativ unbegreiflich ist. Trotzdem kenne ich das Gefühl so gut, dass es mir einen Schauer durch den Körper jagt, wenn ich mich auch nur annähernd hinein versetze. Und gerade für diesen Zustand gibt es einen Textabschnitt in meinem Lieblingsbuch Corpus Delicti von Juli Zeh, der sich beim ersten Durchlesen vor einigen Jahren gleich in mein Gedächtnis eingebrannt hat und seither dort als inneres Bild gespeichert ist. Ihre Worte beschreiben dieses Sein ziemlich treffend, finde ich. Ich habe also versucht, ihre Beschreibung so umgeändert wiederzugeben, wie sie für mich selber am meisten passt. Ergeben hat sich das:
Was ich ausdrücken will, lässt sich schwer in Worte fassen. Wenn du aber versuchen möchtest, es zu verstehen, dann müsstest du dir ausmalen, wie ich mir mitten in der Nacht die Decke vom Körper strample, mich hin und her wälze, solange bis die innere Spannung mich zu erdrücken droht und nur noch dem alles einnehmenden Impuls zum Aufspringen gefolgt werden kann. Alles andere wäre zweitrangig in diesem Augenblick. Du müsstest dir vorstellen, wie ich unruhig durch die ganze Wohnung irre, überall voller Wucht anstosse und die blauen Flecken dann am nächsten Morgen als einziger Hinweis für meinen nächtlichen Kampf übrig sein würden. Da es Nacht wäre und alle anderen Menschen schlafend im Bett liegen würden, könntest du die alles durchtränkende Einsamkeit fast mit Händen greifen. Du würdest sehen, wie ich immer schneller im Kreis laufe, mir meine eigene Haut immer enger zu werden scheint und ich plötzlich nicht mehr anders könnte, als direkt in das Fenster des Wohnzimmers zu rennen, mich zwei, drei Mal mit meinem ganzen Körpergewicht an das kalte Glas zu werfen, bis es mit beissendem Klirren zerspringt. Ohne auf die mir in die Haut schneidenden Scherben zu achten, würde ich mich aus dem Fenster hieven und auf die leere Strasse hinaus stolpern, mich auf die Knie werfen und den lauten, sich schmerzlich angestauten Schrei nicht mehr zurückhalten können. Du würdest sehen, wie sich mein Gesicht verzieht, weil die Tränen einfach nicht kommen wollen, wie ich mit den Händen immer wieder auf den harten Asphalt schlagen würde, wie weitere, lautlose Schreie aus meinem Mund in die Dunkelheit gleiten und verschwinden würden. Das unkontrollierbare Stöhnen würde dir das Gefühl geben, mir eine gewaltige und dennoch unsichtbare Last abnehmen zu müssen.
Wenn du dir dann vorstellst, dass ich mich eben in solchen Nächten nicht von der Decke frei strample, nicht aufspringe und umher irre, die Scheibe nicht zerschlage und die Schreie nicht aus mir hinaus lasse, sondern einfach liegen bleibe, schlaflos in der Haltung einer Schlafenden – dann weisst du in etwa, wie ich mich fühle.