Gerade bin ich von meinem Ersttermin in der neuen endokrinologischen Praxis nach Hause gekommen. Eigentlich hatte ich mir gedacht, dass ich mittlerweile zur Profi-Patientin geworden bin und den Termin ohne Schwierigkeiten meistern würde. Doch da lag ich wohl falsch. Alles, was ich mir vorgenommen hatte, sprach ich nicht an und alles, was ich mir anzusprechen verboten hatte, platzte prompt aus mir heraus. Kaum hatte ich den Raum betreten, verabschiedete sich meine Kontrollinstanz und mein Automatik-Modus sprang an. Also erzählte ich Es von meiner Essstörung, von meiner enormen Angst vor einer Gewichtszunahme und jammerte über diverse Hashimoto-Symptome. Das ist ja, an und für sich, nicht falsch, denn all diese Probleme sind echt belastend. Doch ich wollte vermeiden, dass der Fokus der Besprechung auf meinem Essverhalten oder Gewicht zu liegen kommt. Denn wenn diese Richtung erst einmal eingeschlagen wurde, kommt man kaum mehr davon weg. Alles wird dann auf die restriktive Ernährung geschoben, so dass das Image eines klagenden Psychos mit jedem weiteren Wort zementiert wird und man in einen Strudel von Ratschlägen gerät. Was nicht heissen soll, dass diese nicht angebracht wären. Ich als Ärztin würde genau das Gleiche machen. Die Ärztin war übrigens ganz lieb. Also nahm ich auch ihre Empfehlung an, eine weitere Ernährungsberatung zur Unterstützung in Betracht zu ziehen. Als sie dann aber drei statt nur zwei mögliche Anpassungen an meinem Schilddrüsenmedikament andeutete, blieb mir das Herz stehen. Die Dosis zu erhöhen sei eine Möglichkeit, das Präparat zu wechseln die zweite und die Dosis zu verringern die dritte. Und damit waren wir innerhalb von wenigen Minuten beim Punkt angelangt, den ich mit aller Kraft vermeiden wollte: Die Beobachtung, dass mein niedriges Gewicht momentan eher einer zu hohen Dosierung der Hormone entspricht. Dass mein Gewicht durch die Essstörung nicht 1:1 den Status meiner Schilddrüse widerspiegelt, konnte ich ihr nicht wirklich glaubwürdig verkaufen. Denn wie schon gesagt: Einmal auf der Essstörungs-Schiene eingespurt, bleibt man unausweichlich auf diesem Kurs. Jetzt muss ich also 24 Stunden auf die Blutwerte warten, welche hoffentlich nicht auch noch gegen meinen Wunsch sprechen, die Dosis zu belassen. (Oder zu erhöhen, aber da spricht wohl wirklich die Essstörung aus mir…)