*Zu meiner Doppelrolle: Mir ist bewusst, dass es eine heikle und schwierige Sache ist, offen mit den eigenen psychischen Schwierigkeiten umzugehen. Insbesondere wenn man selber Psychologin ist. Aber es ist eine Tatsache: Alle PsychotherapeutInnen müssen in der Ausbildung viele Stunden sogenannter Selbsterfahrung absolvieren. Klartext: Sie machen eine Psychotherapie. Es ist eine weitere Tatsache, dass viele (vermutlich sogar die meisten) Menschen in diesem Berufsfeld selber schon auf die eine oder andere Weise mit psychischen Schwierigkeiten in Berührung gekommen sind. Vielleicht durch Bekannte oder Verwandte. Vielleicht aber auch durch eigene Erlebnisse. Es gibt Therapeuten mit Ängsten, es gibt Therapeutinnen mit Trauma-Erfahrungen, es gibt Therapeuten, die Suizidversuche hinter sich haben, es gibt Therapeutinnen mit narzisstischen Persönlichkeitszügen, es gibt Therapeuten mit Zwangsstörungen, es gibt Therapeuten mit Selbstwertproblemen. Wieso auch sollte es sie nicht geben? Es gibt ja auch Chirurgen, die schon mit Grippe im Bett lagen oder Hausärztinnen mit Diabetes. Was mich persönlich angeht: Ich gehe schon seit Jahren in Psychotherapie. Manchmal mehr als eine Art „Gesundheitsroutine“, manchmal für einen Realitäts-Check, von Zeit zu Zeit, um eine Krise abzufangen, ab und zu für Fachgespräche, manchmal, um Kindheits-Traumata zu verarbeiten und teilweise einfach, um stillschweigend validiert zu werden. Ich erhielt in all den Jahren schon so einige Diagnosen und musste mich durch die dunkelsten Tiefen meiner Psyche kämpfen. Macht mich das jetzt zu einer schlechten Psychologin? Ich glaube nicht. Genau weil ich regelmässig in eine unterstützende und stabilisierende Therapie gehe, genau weil ich mich dadurch besser kenne als es die meisten Menschen von sich behaupten können und genau weil ich weiss, wie sich psychische Krankheit anfühlt, bin ich überzeugt, als Psychologin richtig zu sein.