Es gibt da diese eine Schublade in meiner Psyche, die im Angesicht meines Psychiaters nur ungern geöffnet wird. Der Inhalt dieser Schublade ist höchst delikat und macht die Eigentümerin ebendieser Schublade bei jeder Öffnung sehr verletzlich. Es handelt sich dabei um Fantasien, Lust, Sexualität und Erregung. Themen also, die ein gewisses Mass an Feingefühl erfordern. Nicht dass Dr. Freud dieses Feingefühl nicht besitzen würde, das tut er bestimmt. Es geht eher darum, dass ich beim Thematisieren dieser delikaten Inhalte kein Feingefühl besitze und vor lauter Scham voll in die empfindlichen Punkte trample und somit nicht gerade sensibel mit mir selbst umgehe. Also sitze ich da und versuche das Thema unauffällig zu ändern, indem ich über andere Träume zu sprechen beginne. Genauer gesagt über einen bestimmten Traum, der mir immer wieder „passiert“. In diesem befinde ich mich mit anderen Menschen zusammen in einem Park mit vielen Achterbahnen und habe einen ganzen Tag vor mir, um diese auszuprobieren. Der Drang, den ich dabei fühle, ist extrem. Ich MUSS diese Adrenalin-Schübe unbedingt zu spüren bekommen, KANN nicht anders als mich bis zur kompletten Anspannung nach diesen Momenten der Euphorie zu sehnen. Aber dazu kommt es nicht. Nie. Den Traum habe ich schon sicher zweihundert Mal durchlebt und noch nie kam ich in den Genuss einer solch ekstatischen Achterbahnfahrt. Nur ein- oder zweimal. Aber als ich darin sass, fuhr sie soooo langsam und nur gerade aus, so dass Menschen während der Fahrt ausgestiegen sind… Da es sich dabei offensichtlich symbolisch um die erwähnten sexuellen Inhalte handelt, verlief der Themenwechsel nicht gerade erfolgreich. Also blieben wir dabei, über meine bisexuelle, durch eine scheinbar riesengrosse Angst gebremste sexuelle Innenwelt zu sprechen.
Und das, liebe Kinder, war die Geschichte des Dr. Freud bei der Anwendung seines Schubladen-Passe-Partout.