Vor Kurzem wurde also das Anordnungsmodell beschlossen. Ab in einem Jahr. Das ist sehr gut und ich bin überglücklich über diesen lange fälligen Entscheid! Aber dennoch hat die ganze Geschichte ein Hintertörchen mit latent bitterem Nachgeschmack. Psycholog:innen können, nachdem dies z.B. von der Hausärztin angeordnet wurde, die Psychotherapie über die Grundversicherung abrechnen aber nur für eine begrenzte Anzahl Sitzungen. Genauer gesagt 15 (das ist nicht gerade viel für eine durchschnittliche Psychotherapie). Dass nach 15 Sitzungen eine weitere Anordnung nötig ist, ist von mir aus ja noch ok. Immerhin ist es wichtig, dass Fachpersonen miteinander im Gespräch bleiben und möglichst interdisziplinär gearbeitet wird. Wenn dann insgesamt 30 Sitzungen durch sind, kann die Therapie nur bezahlt weitergeführt werden, indem bei der anordnenden Ärztin und der Krankenversicherung ein Antrag gestellt wird. Hier kommt nun das Hintertörchen: Die behandelnde Psychologin darf diesen Antrag nicht einfach so stellen. Nein, sie muss den betreffenden Fall durch eine Psychiater:in beurteilen lassen, auf deren Begründung dann der Antrag geprüft wird**. Im Vergleich: Bei einer ärztlichen Psychotherapie muss erst nach 40 Sitzungen (und ohne Zwischen-Neuanordnung) ein Antrag auf Kostengutsprache gestellt werden. Neben der Tatsache, dass es sich dabei im Vergleich um 10 Sitzungen mehr handelt als bei Psycholog:innen, kann die behandelnde Psychiater:in den Antrag selbstständig für ihre eigene Arbeit und mit ihrer eigenen Begründung stellen. Wenn wir zusätzlich noch eine Prise Fakten* bezüglich Ausbildung im Fachbereich Psychologie anschauen, dann löst das Ganze schon ein bisschen Ungerechtigkeits-Vibes aus, oder nicht?
*Psychiater:innen: Medizinstudium mit kaum psychologischem Fachwissen.
Psycholog:innen: Psychologiestudium mit hauptsächlich psychologischem Fachwissen.
Psychiater:innen & Psycholog:innen: Gleichwertige Weiterbildung in Psychotherapie, teilweise sogar verkürzte Dauer für die Mediziner:innen.
**So sieht das ab Juli 2022 im Gesetz aus:
Änderung der Verordnung über die Krankenversicherung und der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KVV und KLV):
Gemäss Absatz 3 ist für die Therapieweiterführung nach 30 Abklärungs- und Therapiesitzungen eine Kostengutsprache des Versicherers nach dem gleichen Verfahren wie für die ärztliche Psychotherapie nach Artikel 3b KLV notwendig. Vor Einreichung des Berichts mit einem Vorschlag zur Fortsetzung der Therapie an den Versicherer ist eine Fallbeurteilung durch Fachärzte oder Fachärztinnen mit den Weiterbildungstiteln Psychiatrie und Psychotherapie oder Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie erforderlich. Je nach individueller Vulnerabilität der Patientin oder des Patienten kann diese auch in Form einer Aktenbeurteilung stattfinden. Der Bericht mit dem Vorschlag zur Fortsetzung ist durch den anordnenden Arzt oder die anordnende Ärztin zu stellen und beinhaltet insbesondere das Ergebnis der Fallbeurteilung des psychiatrischen Kollegen oder der psychiatrischen Kollegin.