Weisheiten einer Oberärztin

Was diese tolle Frau zu sagen hat, basiert auf jahrelanger Erfahrung und hat dementsprechend einen ziemlichen Impact, wenn man’s so hört. Die Oberärztin der Station, sozusagen die Stations-Mama, schafft es tatsächlich, mir bei praktisch jedem Gespräch einen Input zu geben, der mich auch wirklich einen Schritt weiter bringt. Natürlich sind ihre Ratschläge nicht einfach so von einem Tag auf den nächsten umsetzbar, sie benötigen Übung. Aber schon zu hören, was in einer bestimmten Situation wichtig sein könnte, hilft mir extrem.

Von der ersten Woche an begleitet mich durch sie das Wort Gelassenheit. Das ist es nämlich, was ich noch lernen muss (neben vielem anderen natürlich). Gelassen zu bleiben, auch wenn es eine aufgewühlte Situation ist, gelassen zu bleiben, wenn alle anderen nicht mehr gelassen bleiben können – das ist extrem schwierig aber auch extrem nötig. V.a. für die eigene Gesundheit. Denn wenn diese Gelassenheit fehlt, kommt der Distress. Und wenn der Distress da ist, fehlt der Eustress. Naja, und wenn der Eustress fehlt, dann folgt das Burnout…

Oder dann gab’s ein paar Situationen, in denen Patient:innen und Angehörige meine Worte verdreht, uminterpretiert und schliesslich gegeneinander und auch gegen mich verwendet haben. „Frau Psychologin hat gesagt, ich sei komplett im Recht“, „Frau Psychologin hat mir bestätigt, du hättest ein Alkoholproblem“, „Frau Psychologin hat gesagt, du sollst mich nicht mehr anrufen“. Sowas ist echt schwierig… Dann in einem latent panischen Gespräch mit der OÄ fällt der Satz: „Weisst du Sandra, die Botschaft bestimmt immer der Empfänger, dagegen kann niemand etwas machen. Wichtig ist, dass du für dich selbst weisst, was du gesagt hast.“

Als ich einmal frustriert und überfordert in ihrem Büro auf der Couch sass und meinte, dass ich zu wenig wissen würde, um einem Patienten konkret helfen zu können bei seinen gefühlten tausend Baustellen, sagte sie mir: „Wir versuchen hier tagtäglich das Unmögliche, schaffen tun wir dann das Mögliche. Don’t worry.“

Ein Kommentar zu „Weisheiten einer Oberärztin

  1. Stellen uns das auch schwierig vor… allerdings finden wir das mit der Botschaft für uns nicht stimmig. Klar kann man als Empfänger etwas falsches verstehen, aber auch als Sender trägt man Verantwortung. So beinhaltet eine Nachricht immer mehrere Botschaften – wenn man denn Thun glauben will.

    Gelassenheit ging bei uns nur über Selbstakzeptanz. Es war schwer, jeden von uns so sein zu lassen, wie er ist – das hat zu sehr vielen Abbrüchen mit anderen geführt. Aber im nachhinein müssen wir sagen, dass es gut so war. Wir haben auch nur so andere kennengelernt, die uns so nehmen und gut finden, wie wir nun mal sind. Heißt nicht, dass sie alles toll finden, aber wir müssen auch nicht so sein, wie sie wollen 🙂

    Schwerer Weg. Ganz viel Kraft dafür.

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