Was es mit mir macht

Momentaner Standard-Satz meines Dr. Freuds: Hier können wir schauen, was ‚es‘ mit Ihnen macht.

Mit ‚es‘ ist mein Psychologinnendasein gemeint. Und was dieses Dasein mit mir macht, ist schwierig in Worte zu fassen. ‚Es‘ macht mir Angst, denn mein selbstkritischer und perfektionistischer Teil möchte sich jegliche Unsicherheit nicht anmerken lassen. Und das ist fast nicht möglich, denn die ist noch sehr gross. ‚Es‘ macht mir Freude, denn endlich kann ich als Psychologin arbeiten, wofür ich jahrelang studiert und geackert habe. ‚Es‘ frustriert mich, weil ich festgestellt habe, dass ich die Probleme meiner Patient:innen nicht im Alleingang für sie lösen kann. Anstatt einen Prozess des Besserung zu etablieren, geht es meistens mehr um’s akute Feuerlöschen und Chaosbewältigen. Und dann geht’s am nächsten Tag mit einem neuen Feuer weiter. ‚Es‘ löst in meinem inneren Kind altbekannte Schutzmechanismen aus, die ich nur mit Mühe im Zaum halten kann. Dazu gehören intensive Ängste, dass mich das Team loswerden möchte, subparanoide Gedanken, dass mir alle nur etwas vormachen und mich aber in Wirklichkeit völlig inkompetent finden und zwischenzeitlich aufflammende Profi-Psychologin-Fantasien. Und dass ‚es‘ das alles mit mir macht, ist in Ordnung. Denn dafür habe ich meinen Dr. Freud.

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